Es ist wichtig, dass wir als SPD-Mitglieder jetzt aktiv werden, da das kanadisch-europäische Abkommen CETA - eine Blaupause für TTIP - bereits allein durch einen Beschluss des Handelsministerrates in den nächsten Monaten zu großen Teilen in Kraft treten soll.
Mit den Abkommen würde die ungehemmte Liberalisierung, die ab 2008 in die internationale Banken, Finanz- und Wirtschaftskrise geführt hat, in noch radikalerer Form fortgesetzt werden. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft würden dem Freihandelspostulat untergeordnet.Die Abkommen enthalten keine verbindlichen hohen Sozial- und Umweltstandards. Vielmehr verhindern sie, dass die Parlamente in Zukunft bessere Standards beschließen können.
Der breite Widerstand der Zivilgesellschaft in Europa und Nordamerika zeigt, dass diese Politik nicht im Sinne der Bevölkerung ist. Die roten Linien, die die SPD auf dem Parteikonvent im September 2014 beschlossen hat, werden bei weitem nicht eingehalten. Die derzeitige Wertedebatte in der SPD wird erst glaubwürdig, wenn sich auch die Parteispitze klar gegen CETA und TTIP ausspricht.
Denn mit diesen Abkommen würde die Politik den Handlungsspielraum verlieren, den sie braucht, um Gerechtigkeits- und Nachhaltigkeitsziele durchzusetzen. Wenn die SPD jetzt gemeinsam mit der sozialen Bewegung gegen CETA und TTIP und für ein Umdenken in den Wirtschaftsbeziehungen kämpfen würde, entstünden daraus positive Impulse für die Zukunft der europäischen Sozialdemokratie.Die SPD muss jetzt die Reißleine ziehen, ehe durch das vorläufige Inkraftsetzen von CETA Fakten geschaffen werden, die später kaum zu korrigieren sein werden.
Als SPD-Mitglieder fordern wir die Parteiführung auf, CETA und TTIP jetzt zu stoppen! Wir fordern alle politischen Entscheidungsträger auf, CETA zu verhindern und sich für einen Abbruch der Verhandlungen über TTIP einzusetzen!
Hier können SPD-Mitglieder die Petition online unterschreiben:
Begründung:
Demnächst sollen voraussichtlich die europäischen Handelsminister über die „vorläufige Anwendung“ entscheiden. Anschließend soll vom Europäischen Parlament ebenfalls ein Votum eingeholt werden. Allerdings kann das EU-Parlament dieses Verfahren nicht durch ein Veto blockieren.
(1) Die „vorläufige Anwendung“ bedeutet, dass die Bereiche von CETA, die in die alleinige Zuständigkeit der EU fallen, bereits völkerrechtlich verbindlich eingeführt werden können. Inwiefern die Parlamente zu einem späteren Zeitpunkt ein vorläufig angewendetes Abkommen und dessen Auswirkungen überhaupt noch stoppen können, ist strittig. Wenn durch die Marktöffnung von CETA z.B. die bäuerliche Landwirtschaft in Europa weiter zerstört wird, lässt sich das später kaum noch korrigieren.
Der europäische Handelsministerrat hat am 13. Mai 2016 auch seine Zustimmung zum zügigen Umsetzen von CETA signalisiert und die Fortsetzung der Verhandlungen zu TTIP begrüßt. Die Große Koalition in Berlin unterstützt die „vorläufige Anwendung“ ebenfalls, obwohl sie bisher immer wieder versprochen hat, dass CETA und TTIP nur nach Zustimmung des Bundestages in Kraft treten könnten.
Dies sind zentrale Kritikpunkte an CETA und TTIP:
a.) Das umstrittene System der Investor-Staats-Schiedsgerichtsbarkeit wird durch CETA noch weiter ausgebaut. Ein neu zu schaffender Handelsgerichtshof bzw. Schiedsstellen sollen ohne Bindung an Europäisches Recht, an das Grundgesetz und weitere deutsche Gesetze entscheiden können. Sie können sich bei ihren Entscheidungen über europäisches und deutsches Recht hinwegsetzen. Somit entsteht eine Nebenverfassung.
Die im Grundgesetz verankerten Grundprinzipien des Sozialstaates und des Umweltschutzes müssen bei Abwägungen nicht berücksichtigt werden. Viele Tausend Unternehmen könnten die Sonderklagerechte bei CETA nutzen und z.B. gegen eine Anhebung der Gewerbesteuern in einer Kommune oder den Ausstieg aus fossilen Energieträgern klagen.
b.) Die übergeordneten, pauschalen und umfassenden Liberalisierungsverpflichtungen, die auch für bisher geschützte und zukünftige Bereiche in Wirtschaft und Gesellschaft gelten sollen, engen den Gestaltungsspielraum der Politik empfindlich ein.
c) CETA sieht die Einrichtung von transatlantischen Gremien vor, die CETA verbindlich auslegen und weiterentwickeln sollen, ohne dass immer eine parlamentarische Zustimmung eingeholt werden muss. Diese Gremien sollen außerdem Gesetzesinitiativen aller politischen Ebenen auf ihre Handels- und Investorenfreundlichkeit hin überprüfen, noch ehe sie in den Parlamenten selbst beraten werden. Wirtschaftsvertreter sollen dabei umfassende Informations- und Beratungsrechte erhalten. Der Primat der Politik würde durch den Primat der Ökonomie ersetzt.
Wenn Parlamente und Regierungen nicht mehr über wichtige politische Fragen im Sinne des Gemeinwohls entscheiden können, verkommen Wahlen zur Farce und das verfassungsmäßig garantierte demokratische Wahlrecht der Bürgerinnen und Bürger wird verletzt. Wir fordern, dass Politik und Gesellschaft selbst entscheiden dürfen über die Organisation der Daseinsvorsorge, des persönlichen Nahverkehrs, der Bildung und Kultur.
Wir fordern, dass die demokratisch legitimierten Gremien den Handlungsspielraum behalten, den sie brauchen um eine soziale und ökologische Handels- und Wirtschaftspolitik zu entwickeln. Der politische und wirtschaftliche Erfolg Europas hängt nicht von einem Wettlauf bei der Ratifizierung von Wirtschaftsverträgen ab, sondern von den politischen, sozialen, ökonomischen, ökologischen und technologischen Antworten, die Europa auf die Herausforderungen der Zukunft entwickelt.
Verweise auf ein Gutachten zur Vorläufigen Anwendung und weitere Literaturangaben enthält die ausführliche Begründung: Begründung der Ablehnung von CETA (PDF, 133 kB)
Kiel, 26. Mai 2016 Initiatoren: das umWeltforum der SPD-Schleswig-Holstein
Verantwortlich: Eckart Kuhlwein (Geschäftsführer), Dr. Hildegard Bedarff, Wolfgang Vogel (Sprecher des umWeltforums)
Appell von SPD-Mitgliedern SPD-Mitglieder gegen CETA & TTIP für eine ökologisch-soziale Handels- und Wirtschaftspolitik
Im Namen aller Unterzeichner/innen.
Ammersbeck, 26.05.2016